Eine gute motorische Entwicklung Ihres Kindes geht mit unzähligen Schritten einher. Jede Etappe ist für sich genommen ein Meilenstein und als solcher enorm wichtig für eine gute, ausgewogene und gesunde Entwicklung. Wie bei einem Zahnrad greifen die einzelnen Phasen ineinander. Eine Stufe baut auf die nächste auf und sichert so eine erfolgreiche Entwicklung. Es sind mehrdimensionale, komplexe Abläufe.
Die gute Nachricht für Sie als Eltern: All das geschieht im Prinzip ganz von selbst, und erfordert von ihnen als Eltern „nur“ die Möglichkeit es geschehen zu lassen. Ich möchte Ihnen die motorischen Meilensteine zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat nun näher aufzeigen.
In Bauchlage kann sich das Baby in seinem 3. Lebensmonat auf beiden Ellbogen abstützen, dabei den Kopf heben und drehen. Ab dem 5. Lebensmonat ist es dem Baby möglich im Ellbogenstütz einen Arm zu heben und dabei das Gleichgewicht zur Seite zu verlagern. Mit dem 6. Lebensmonat kann es sich auf die flache Hand stützen und streckt die Ellbogen dabei durch. Es dreht sich von der Bauch- in die Rückenlage.
Die Rückenlage
Mit 3 Monaten ist ein Spiel mit Händen und Füßen vor dem Körper zu beobachten, es spielt mit den Händen und betrachtet sie. Ab dem 4. Monat erfolgt ein Zusammenspiel von Auge-Hand-Mund, alles wird zum Mund geführt, gezieltes Greifen mit einer Hand ist nun möglich.
Außerdem rollt sich Ihr Baby nun zur Seite, bis es schließlich im 5. Lebensmonat in der Lage ist sich zu drehen, über die Körpermitte zu greifen und dadurch ein Wechselspiel der Hände zu vollführen. Durch diese Entwicklungsschritte kann es sich ab dem 6. Lebensmonat vom Rücken auf den Bauch drehen. Und es entdeckt nun auch die Füße und spielt mit ihnen.
Bewegung und Wahrnehmung
Mit jeder motorischen Erfahrung sind auch sensorische Prozesse verbunden. Jede Bewegung sowie die damit in Verbindung stehende Erfahrung wird oftmals durchlaufen und im Gehirn gespeichert. Es geht um eine Feinabstimmung verschiedener, gleichzeitig ablaufender Vorgänge: An- und Entspannung einzelner Muskeln, die eine Bewegung ermöglichen, Empfindungen aus dem Gleichgewicht, der visuellen Wahrnehmung und der auditiven Wahrnehmung. Alles wird in Einklang gebracht und abgespeichert. Der entscheidendste Faktor hierbei ist die Zeit. Natürlich gibt es Skalen, die uns sagen, wann das Baby was können muss. Aber es gibt auch innerhalb dieser Skalen Toleranzspielräume. Es ist entscheidend für Ihr Kind ihm für all seine Schritte auch den angemessenen Spielraum zu gewähren und es nicht aus gut gemeintem Ehrgeiz zu früh zu etwas zu bewegen, wozu es von sich aus noch nicht bereit ist. Durch Gewährleistung der individuellen Entfaltung Ihres Kindes wird eine ausgereifte Entwicklung ermöglicht.
Bedeutung für das Lernen
Um lernen zu können braucht es bestimmte Voraussetzungen. So ist für das Rechnen, unter anderem, räumliche Orientierung von Relevanz. Grundlage für diese ist eine gute Orientierung im eigenen Körper. Diese Körperorientierung erfährt Ihr Kind einerseits durch das Wahrnehmen des eigenen Körpers im Raum, andererseits aber auch durch die sprachliche Begleitung Ihrerseits. Dies geschieht ganz automatisch, wenn Sie beispielsweise mit Ihrem Kind Fingerspiele machen oder es anziehen und dabei einzelne Körperteile benennen. Grundlage für das Schreiben ist eine gute Handfunktion sowie eine funktionierende Schultermuskulatur. Die Vorbereitungen hierfür finden bereits in der Phase der Entwicklung statt, in der sich Ihr Kleines auf seine Unterarme und später auf seine Hände stützt, mit den Händen Dinge ergreift und diese Gegenstände dann von einer in die andere Hand führt. Um etwas von einer zur anderen Hand zu reichen, muss die Körpermitte gekreuzt werden – eine grundlegende Voraussetzung um schreiben zu können. Das Gleichgewicht, das an allen Prozessen erheblich beteiligt ist und damit auch geschult wird, ist dafür nötig, dass Buchstaben in der korrekten Richtung geschrieben werden. Um von der Tafel abzuschreiben, ist die Kopfhaltung wichtig, aber auch die Funktion der Augen (Nah-Fern-Sehen) spielt eine Rolle. Kopfhaltung und Sehen werden etwa durch das Einnehmen des Unterarmstützes trainiert. Um über einen längeren Zeitraum konzentriert und ruhig sitzen zu können, muss einerseits das Becken die richtige Stellung aufweisen, andererseits ist für die Rumpfaufrichtung eine gute Rücken- und Bauchmuskulatur nötig.
Bewegungsentwicklung und Bewegung sind das wichtigste Fundament für das Lernen .
Die Bewegungsentwicklung während des ersten Lebensjahres stellt somit die Grundlage für die weitere Entwicklung dar.
Was Sie als Eltern tun können
Zu jeder Zeit und in jeder Lebensphase des Kindes wollen Eltern das Beste für ihre Kinder. Oftmals kann sich daraus ein enormer Druck entwickeln, und zwar dann, wenn damit begonnen wird Kinder untereinander zu vergleichen. So beobachtet eine Mutter das Kind ihrer Freundin, das gleich alt ist wie das eigene und dabei wird festgestellt, dass sich das Kind der Freundin bereits vom Bauch auf den Rücken dreht, während das eigene Kind immer noch nicht so weit zu sein scheint. Was Sie als Eltern nun tun können, ist recht einfach, und doch so schwer: geben Sie Ihrem Kind die Zeit, die es braucht. Unterstützen Sie es mit Ihrer Aufmerksamkeit und Fürsorge. Schaffen Sie eine Umgebung, die es Ihrem Kind ermöglicht, seine Umwelt mit all seinen Sinnen positiv zu erfahren.
Immer wieder stellen Eltern auch die Frage, welches Spielzeug oder Material Babys brauchen. Nicht viel, ist meine Antwort. Seien Sie aktiv da, dann werden Sie zu jeder Zeit wissen, was das Richtige ist. Die Beziehung zwischen Eltern und ihrem Kind ist von großer Bedeutung. Sie als Eltern sind in der Lage nonverbale Signale Ihres Kindes zu sehen, zu interpretieren und darauf zu reagieren. Genau dieses Band zwischen Eltern und Kindern schafft vertrauen. Dieses Vertrauen, das Sie als Eltern in Ihr Kind haben, bietet Ihrem Kind die Möglichkeit auf die eigene Handlungsfähigkeit zu vertrauen und sich gut zu entwickeln.
Buchtipp: Pikler Emmi, Laßt mir Zeit (ISBN 3–7905-0842-X)
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